Pleurotus Ostreatus (Austernseitling)
Einführung
Manche unerfahrenen Waldspaziergänger sind bereits unbeachtet an Austernpilzen vorbeigelaufen, da ihnen das Wissen über die verschiedenen Pilzarten fehlte. Diese Pilzart kommt weltweit vor und wächst auf Holz. Sie zeigt sich vor allem in den kühleren Monaten in subtropischen Gebieten und Regionen mit gemäßigtem Klima und ist oft auf verrottendem Holz oder den Überresten verschiedener Laubbäume zu finden. Innerhalb ihrer natürlichen Umgebung agieren Austernpilze als charakteristische Schwächeparasiten, die geschwächte oder verletzte, jedoch noch lebende Bäume als Wirt bevorzugen, während sie zugleich als Folgezersetzer (Saprobiont) auf abgestorbenen Bäumen oder Lagerholz gedeihen, was eine Form von Weißfäule auslöst. In betroffenem Holz erfolgt der Abbau von Lignin, einer Substanz, die in Verbindung mit Cellulose für die Stabilität des Holzes verantwortlich ist, wodurch das Holz aufgehellt wird. Auf globaler Ebene sind ungefähr 30 Pleurotus-Arten anzutreffen, inklusive zahlreicher Variationen, die alle einen vergleichsweise großen, fleischigen Pilzhut haben. Die Farbpalette der Austernpilze erstreckt sich von Weiß über Grau bis hin zu Gelb (Pleurotus citrinopileatus) und sogar Stahlblau (Pleurotus columbinus), wobei auch lila Varianten (Pleurotus djamor) sowie nahezu schwarze Pilzarten existieren. Üblicherweise wachsen die Pilze in Gruppen, doch es können auch vereinzelte Exemplare auftreten, wobei der meist kurze Stiel oft nur rudimentär ausgebildet ist, seitlich am Rand des Pilzhuts (Seitling) angesetzt und wie ein verdickter Fortsatz erscheint. Die Textur junger Pilze ist zart, begleitet von einem milden Geschmack und einem angenehmen Duft.
Seit den 1970er-Jahren werden diese begehrten Speisepilze in großem Maßstab weltweit kultiviert, mittlerweile sind sie das ganze Jahr über in Lebensmittelgeschäften erhältlich. Mit etwas Erfahrung kann man die Pilze sogar zu Hause anbauen, im Fachhandel sind sowohl Pilzbrut als auch fertige Kits erhältlich, die bereits beimpftes und teilweise durchwachsenes Substrat enthalten, wodurch auch Anfänger nach kurzer Zeit ihre eigenen Pilze ernten können. Die Quellen für Pilzbrut sind im Internet zu finden, und Literatur zur Pilzzucht ist im Anhang aufgeführt.
Einsatzgebiete
- Inhibierende Wirkung auf Tumore
- Senkung des Cholesterinspiegels
- Modulierung des Immunsystems
- Antivirale Eigenschaften
- Aufnahme von freien Radikalen
- Anwendung zur Linderung von Muskel- und Sehnenbeschwerden
- Präventive Maßnahmen gegen Osteoporose
- Förderung der Verdauung
Medizinische Verwendung
Die herkömmliche chinesische Heilkunde nutzt den Austernseitling zur Förderung des Venensystems sowie zur Linderung von Muskel- und Sehnenproblemen. Ebenso wird er bei Rückenschmerzen, Hexenschuss, Steifheit der Glieder und zur Förderung der Blutbildung eingesetzt. Zusätzlich besitzt der Pilz entzündungshemmende Eigenschaften, bietet Schutz vor Thrombosen und hat eine immunmodulierende Wirkung. Diese immunmodulierende Effektivität ist von besonderer Relevanz für die Gesundheit, da der Pilz das Immunsystem stärkt, ohne eine übermäßige Immunreaktion auszulösen. Übermäßige Immunreaktionen sind unter anderem bei allergischen Reaktionen relevant und führen zu Erscheinungen wie Erschöpfung, Gliederschmerzen und generellem Unwohlsein.
Eine ausgeprägte Hemmwirkung gegenüber verschiedenen Tumorzelllinien (z.B. Sarkom-180, ein Tumor des Bindegewebes, HL-60 Leukämiezellen, HAT-29 Dickdarmkrebs und Brustkrebszellen) wird durch das wässrige Präparat mit hohem Polysaccharid-Anteil des Austernpilzes demonstriert. Zahlreiche Untersuchungen mit Krebszelllinien befassen sich mit der Anwendung spezieller Inhaltsstoffe (insbesondere beta-D-Glucane wie Pleuran und Proteoglycane) aus dem Austernpilz. In Reagenzglasversuchen (in vitro) zeigen Präparate mit hohem Polysaccharid-Anteil aus verschiedenen Austernpilzen eine klare Hemmung des Wachstums abnormer Zellen und stimulieren die Aktivität natürlicher Killerzellen.
Die Pilzwirkstoffe bewirken in den Krebszellen zudem eine Reaktivierung des als Apoptose bezeichneten Prozesses. Dieses zellinterne Programm hat eine immense Bedeutung, da es normalerweise abnorme Zellen im Falle von Schäden oder Entartungen in den programmierten Zelltod führt, um den Organismus vor weiteren Schäden zu schützen. Hierbei ist besonders hervorzuheben, dass die Inhaltsstoffe gegen Krebszellen wirken, ohne dabei normale Zellen oder den Rest des Organismus zu beeinträchtigen. Zusman et al. (1997) injizierten Ratten die krebserregende Substanz 1,2-Dimethylhydrazin unter die Haut, was starken Dickdarmkrebs verursachte. Gleichzeitig erhielten die Tiere eine ballaststoffarme Ernährung oder wurden mit Ballaststoffen aus Mais versorgt. Ein Teil der Ratten erhielt Ballaststoffe, die vorab mit dem Myzel des Austernseitlings behandelt wurden. Bei den Ratten, denen Pilz behandelter Ballaststoff verabreicht wurde, zeigte sich eine verminderte Anzahl von Tumoren. Die Forscher analysierten die Auswirkungen der Pilz-behandelten Ballaststoffe auf die Apoptoserate und Tumormarker wie PCNA (proliferatives Zellkernantigen) sowie die Menge des p53-Proteins. Die Ergebnisse demonstrierten, dass die Verabreichung von mit Austernpilz behandelten Maisballaststoffen einen signifikanten Schutz vor der chemisch induzierten Tumorentwicklung bei den Ratten bot, was sich auch in den entsprechenden Tumormarkern zeigte. Ähnliche Befunde erzielte Lavi et al. (2006) mit einem wässrigen Präparat mit hohem Polysaccharid-Anteil, das die Wirkung auf HAT-29 Dickdarmkrebszellen untersuchte. Das Zellwachstum wurde deutlich reduziert. Den Wissenschaftlern zufolge ist ein niedermolekulares alpha-Glucan für diese Wirkung verantwortlich. In einer weiteren Studie (Gu et al. 2006) wurde die Auswirkung eines wässrigen Austernpilz-Präparat mit hohem Polysaccharid-Anteil auf hormonabhängige Prostatakrebszellen (PC-3) erforscht. Das Präparat mit hohem Polysaccharid-Anteil erwies sich als stark zytotoxisch auf die Tumorzellen, initiierte den Apoptose-Prozess und verringerte drastisch die Koloniebildungsfähigkeit der Zellen. Es gibt Anzeichen dafür, dass die wirksamen Bestandteile des Präparats mit hohem Polysaccharid-Anteil wasserlösliche Proteine oder Glykoproteine sind. Wenn das Präparat mit hohem Polysaccharid-Anteil für zwei Stunden auf 80 Grad Celsius erhitzt wird, verliert er seine Wirksamkeit. Auf Basis dieser Erkenntnisse ist zu erwarten, dass in den kommenden Jahren einige aus Austernpilzen gewonnene Präparate in die begleitende Therapie von Krebserkrankungen integriert werden könnten.
Studien deuten darauf hin, dass der Pilz gegen Staphylokokken wirksam ist, wie in Untersuchungen von Ying (1987) gezeigt wurde. Diese Bakterien sind mittlerweile gegen viele Antibiotika resistent, darunter auch Methicillin. Die entstehende Resistenz führt zu Methicillin-resistentem Staphylococcus aureus, kurz MRSA, einem Erreger, der besonders bei geschwächten Patienten äußerst schwere und oft lebensbedrohliche Infektionen verursacht. Darüber hinaus zeigen Präparate mit hohem Polysaccharid-Anteil aus dem Pilz eine antimutagene Wirkung, indem sie die schädlichen Effekte einer Vielzahl von chemischen Verbindungen mindern, die das Erbgut stark schädigen können (Taira et al. 2005).
Eine bemerkenswerte Wirkung bei der Senkung erhöhter Cholesterinspiegel zeigt sich ebenso bei dem Austernpilz. Studien von Bobek et al. (1998, 1999) mit Ratten und Kaninchen ergaben signifikante Ergebnisse. Bei den Ratten erhielten 1% bis 5% Austernpilze zusätzlich zu ihrer normalen Ernährung, während es bei den Kaninchen 10% waren. Diese Ernährung führte zu einer Senkung des Cholesterinspiegels sowohl im Serum als auch in der Leber – um bis zu 41 % bzw. 65%. Die Forscher zeigten, dass vor allem das schädliche LDL (Low density lipoprotein) reduziert wurde und eine Zunahme des schützenden HDL (high density lipoprotein) beobachtet wurde. Auch die Reduktion von arteriosklerotischen Plaques konnte festgestellt werden. In Israel wurde vor einigen Jahren ein Kombinationspräparat namens Plovastin aus Austernpilz und Kräuterseitling (P. eryngii) zur Cholesterinsenkung vermarktet.
Um einen erhöhten Cholesterinspiegel zu reduzieren, empfiehlt es sich, täglich etwa 5 bis 10 g des getrockneten Pilzes oder des Präparats mit hohem Polysaccharid-Anteil in Form von Kapseln einzunehmen. Die empfohlene Menge an wirksamen Substanzen findet sich auch in 50 bis 100 g frischer Pilze wieder. Die cholesterinsenkende Wirkung verschiedener Pleurotus-Arten (z. B. Pleurotus pulmonarius und Pleurotus ostreatus) scheint hauptsächlich auf den enthaltenen Statinen zu beruhen, darunter das Lovastatin. Der Gehalt an Statinen beläuft sich auf etwa 0,4 bis 2,8 % der Trockenmasse (Alarcón et al. 2003).
Gegenwärtig werden Lovastatin und weitere Statine erfolgreich zur Behandlung von Hypercholesterinämie eingesetzt. Ihr Wirkmechanismus beruht auf der Hemmung des Enzyms HMG-CoA Reduktase, das eine zentrale Rolle bei der Bildung von Cholesterin spielt. Dieses Enzym reguliert die Umwandlung von 3-Hydroxy-3-Methylglutaryl-Coenzym-A (HMG-CoA), einem bedeutsamen Zwischenprodukt in der Cholesterinsynthese. Die Hemmung dieses Enzyms führt dazu, dass dieses Zwischenprodukt nicht weiterverarbeitet wird, was letztendlich zu einer effektiven Senkung der Cholesterinbildung um bis zu 40 % führt. Unter Berücksichtigung eines durchschnittlichen Gehalts von 1 % Lovastatin in 10 g getrocknetem Pilz ergibt sich daher eine potenziell bedeutsame Konzentration, abgesehen von möglichen Effekten durch eingeschränkte Verfügbarkeit der Wirkstoffe im Pilzmaterial (Matrixeffekt).
Der Einsatz von Statinen bewirkt eine signifikante Verringerung von Herzinfarkten bei Personen mit erhöhten Cholesterinwerten. Zusätzlich gibt es mittlerweile Anzeichen für eine immunmodulatorische Wirkung dieser Substanzen. Hinzu kommt, dass Talukdar et al. (2008) die präventiven und heilenden Effekte der Statine bei chronischer Pankreatitis nachgewiesen haben, einer Entzündung der Bauchspeicheldrüse. Dennoch birgt die Anwendung von Statinen das Risiko verschiedener teils schwerwiegender Nebenwirkungen, was eine sorgfältige Abwägung von Nutzen und Risiko dringend erforderlich macht. Besonders problematisch und mitunter sogar tödlich ist die seltene Komplikation der Rhabdomyolyse, bei der eine Zersetzung der quergestreiften Muskelfasern in Skelettmuskulatur, Herz und Zwerchfell auftritt. Es darf zudem nicht außer Acht gelassen werden, dass Cholesterin, abseits von pathologisch erhöhten Werten infolge von falscher Ernährung oder genetischen Ursachen, eine essenzielle Rolle bei der Synthese von Hormonen (insbesondere Sexualhormone), Gallensäuren und als Baustein der Zellmembran spielt.
Der Darm ist die größte Schnittstelle des menschlichen Körpers zur Außenwelt, und er spielt eine entscheidende Rolle für die Gesundheit des gesamten Organismus. Das Pilzpulver enthält viele Ballaststoffe und wirkt sich positiv auf die natürliche Darmflora aus. Besonders nach einer Antibiotikabehandlung kann dieses Pilzpulver dabei helfen, die gesunden Darmbakterien zu stärken und die normale Verdauung schnell wiederherzustellen.
Die antioxidative Wirkung von alkoholischen und wässrigen Austernpilzpräparaten mit hohem Polysaccharid-Anteil (P. ostreatus und P citrinopileatus), wie von Yang et al. (2002) und Jayakumar et al. (2007) festgestellt, schützt den Körper vor den schädlichen Auswirkungen freier Radikale. Diese schädigen im Laufe des Lebens zunehmend Körperzellen durch oxidativen Stress, was mit Krankheiten wie Krebs, Morbus Alzheimer und Arteriosklerose in Verbindung gebracht wird. Zudem sind Gewebeschäden, die den Alterungsprozess begleiten, eng mit Radikalschäden verknüpft.
Es ist interessant anzumerken, dass der Pilz bestimmte Enzyme, darunter die Alkoholdehydrogenase, enthält, die Zucker in Alkohol umwandeln können. In wissenschaftlichen Experimenten wurde das Pilzmyzel erfolgreich anstelle der üblicherweise verwendeten Bierhefe (Saccharomyces cerevisiae) zur Weinherstellung verwendet. Der daraus resultierende Wein hat einen Alkoholgehalt von etwa 12 % Vol. Was besonders faszinierend ist, besteht darin, dass dieser Wein nicht nur die Blutgerinnung hemmt, sondern auch die Fähigkeit besitzt, bereits vorhandene Gerinnsel aufzulösen, wie von Matsul et al. (2003) dokumentiert wurde. Diese Erkenntnisse könnten in der Zukunft als Grundlage für die Entwicklung eines funktionellen Getränks zur Vorbeugung und begleitenden Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen dienen.
Schon seit vielen Jahren wird in Finnland ein Nahrungsergänzungsmittel namens Remasan® empfohlen. Es basiert auf Pilzpulver, gewonnen aus dem Austernseitling (Stamm RPO-2), und dient der Therapie von Hautwarzen. Eine kontinuierliche Anwendung über den Zeitraum von vier bis sechs Wochen wird empfohlen, um das Abklingen der Warzen zu bewirken. Es ist von Relevanz zu erwähnen, dass unterschiedliche Subtypen des Humanen Papilloma-Virus (HPV) das Auftreten von Hautwarzen bedingen.
Inhaltsstoffe
Die Trockenmasse (TM) des Austernpilzes enthält Eiweiß, Fett, Kohlenhydrate und Mineralstoffe, nachdem das Wasser durch Trocknung entfernt wurde. Das Eiweiß macht etwa 25 % der Trockenmasse aus und enthält alle essenziellen Aminosäuren, mit Ausnahme von Tryptophan. Forscher, wie Valencia del Toro et al. (2006), haben die gute Verdaulichkeit und Verwertbarkeit dieses Pilzeiweißes bestätigt. Etwa die Hälfte der Trockenmasse besteht aus Kohlenhydraten, während der Fettgehalt bei etwa 1 % liegt. Die Hauptkomponenten des Fettes sind ungesättigte Öl- und Linolsäure, wie in der Untersuchung von Yilmaz et al. (2006) erläutert. Austernpilze bestehen ursprünglich zu etwa 90 % aus Wasser.
Mit einem bemerkenswerten Mineralstoffgehalt von rund 10 %, der Calcium, Kalium, Eisen, Magnesium, Phosphor, Selen und Zink einschließt, zeichnen sich Austernpilze aus, wie Cağlarirmak (2007) berichtet. Zusätzlich dazu sind sie eine reiche Quelle essenzieller B-Vitamine, abgesehen von Vitamin B12. Sie stellen eine gesunde Alternative zu Fleischprodukten dar und übertreffen viele Gemüsesorten im Gehalt an Vitaminen der B-Gruppe. Insbesondere zeichnen sich Austernpilze durch ihren hohen Gehalt an Vitamin B1 (Thiamin), B2 (Riboflavin) und B5 (Pantothensäure) aus. Bereits 100 g frische Pilze decken etwa 20% des täglichen Bedarfs eines Erwachsenen an diesen Vitaminen. Vitamin B1 spielt eine entscheidende Rolle in der Funktion von Nervenzellen und Muskeln und kann bei Mangel das Beriberi-Syndrom verursachen. Der Gehalt an Vitamin B2 (Riboflavin) und Vitamin B3 (Niacin) übertrifft diese Werte sogar, wodurch 100 g Pilze bis zu 40 % des täglichen Bedarfs an diesen Vitaminen abdecken können.
Die Folsäure ist ein essentieller Nährstoff, der besonders für schwangere Frauen und die Entwicklung des Kindes von herausragender Bedeutung ist. Der Pilz enthält bedeutende Mengen dieses Vitamins, und bereits 100 g frischer Pilz können den gesamten täglichen Bedarf eines Erwachsenen decken. Interessanterweise wurde in großen Untersuchungen festgestellt, dass insbesondere Frauen oft unter einer Unterversorgung mit Folsäure leiden.
Der Austernpilz, der in bedeutendem Maße Vitamin C (etwa 100 mg/100 g TM) enthält, gehört zu einer speziellen Gruppe von Pilzen. Darüber hinaus ist Ergosterol, das als Vorstufe für Vitamin D2 dient, in beachtlichen Mengen vorhanden. Ein Teil der Umwandlung von Ergosterol in Vitamin D2 erfolgt direkt im Pilz. Dieses Vitamin spielt eine entscheidende Rolle bei der Förderung des Knochen- und Knorpelwachstums sowie bei der Prävention von Osteoporose. Es ist interessant anzumerken, dass dieser Umwandlungsprozess erheblich gesteigert werden kann, indem die Pilze UV-Strahlung (Sonnenlicht) ausgesetzt werden. Forschungen von Jasinghe et al. (2005) haben diesen Effekt aufgezeigt.
Der Austernpilz ist reich an einer Vielzahl von medizinisch relevanten Bestandteilen, zu denen Polysaccharide aus der Gruppe der alpha- und beta-D-Glucane, Glykoproteine sowie Ergothionin (in einer Konzentration von 26 mg/100 g Frischpilz) und Polyphenole gehören, wie von Dubost et al. (2007) dokumentiert. Diese Komponenten sind maßgeblich für seine ausgeprägte antioxidative Wirkung verantwortlich. Des Weiteren weist der Austernpilz einen Gehalt von 3 bis 5,5 % Chitin auf, bezogen auf die Trockenmasse, wie von Vetter (2007) beschrieben. Dieses Polysaccharid, das in allen Pilzen vorkommt, spielt vermutlich eine bedeutende Rolle als Ballaststoff und Absorptionsmittel für Toxine im Kontext der Darmgesundheit.
Die Forschungen von Beltran-Garcia et al. (1997) brachten ans Licht, dass der Austernpilz die erstaunliche Fähigkeit besitzt, eine breite Palette flüchtiger Verbindungen zu erzeugen. Hierzu zählen Substanzen wie 3-Oktanon, 3-Oktanol, 1-Okten-3-ol, Benzaldehyd, 1-Oktanol und Benzoesäure. Diese chemischen Bestandteile interagieren in komplexer Weise und zeigen eine ausgeprägte hemmende Wirkung auf das Wachstum verschiedener Bakterienarten.
Isoliert wurde von Wang et al. (2000) ein Glycoprotein aus dem Austernpilz, das gewisse strukturelle Ähnlichkeiten mit Ubiquitin aufweist. Interessant ist, dass dieses Glykoprotein des Austernpilzes die Aktivität der reversen Transkriptase des HI-Virus hemmt, einem Enzym, das eine entscheidende Rolle bei der Vermehrung des HI-Virus spielt. Zudem wirkt es als Ribonuklease, was bedeutet, dass es Ribonukleinsäuren, kleine Abschriften der Erbsubstanz, abbauen kann. Dieser Prozess beeinflusst zelluläre Abläufe, insbesondere die Produktion von Proteinen. Ubiquitin, das in allen Zellen vorkommt, beeinflusst maßgeblich die Funktion und Verteilung von Proteinen in der Zelle.
Untersuchungen haben eine Reihe medizinisch interessanter Stoffe in Austernpilzen ans Licht gebracht. Dazu zählen Lektine, Proteine mit besonderen Eigenschaften. Wang et al. (2000) berichten von einem Lektin, das aus zwei Einheiten besteht und eine starke Hemmwirkung auf Krebszelllinien wie Sarkom 180 und Hepatoma H-22 zeigt. Weitere Lektine, wie Pleurotolysin und Ostreolysin (Žužek et al. 2006), wurden identifiziert. Pleurotolysin besteht aus A- und B-Komponenten mit Molekulargewichten von 17 bzw. 59 kDa, während das Molekulargewicht von Ostreolysin etwa 15 kDa beträgt. Diese Verbindungen haben die Fähigkeit, rote Blutkörperchen zu zerstören, was als Hämolyse bekannt ist. Zusätzlich zeigt Ostreolysin kardiotoxische Eigenschaften (giftig für das Herz) (Rebolj et al. 2006, 2007). Interessanterweise induziert Ostreolysin nach Berne et al. (2007) die Bildung von Fruchtkörpern. Wenn es auf myzeldurchwachsenes Substrat aufgetragen wird, entstehen bald darauf Fruchtkörper.
Im Gegensatz zu Pleurotolysin wird Ostreolysin nicht durch Sphingomyelin, sondern durch Lysophospholipide beeinflusst. Eine faszinierende Entdeckung wurde von Kawagishi et al. (2007) während Fütterungsversuchen mit Ratten gemacht. Die Zugabe von 5% Austernpilzpulver in die Nahrung führte zu einer drastischen Reduzierung der Nahrungsaufnahme der Tiere. Schließlich wurde ein Lektin als verantwortlicher Faktor isoliert. Bereits 0,1% dieses Proteins in der Nahrung führten dazu, dass die Tiere ihre Nahrungsaufnahme halbierten. Es ist erwähnenswert, dass viele Lektine hämolytisch wirken, das heißt, sie bewirken die Zerstörung von roten Blutkörperchen. In vielen Pilzarten sind sie dafür verantwortlich, dass roher Verzehr unverträglich oder giftig ist. Jedoch sind die meisten Lektine hitzeempfindlich und werden beim Kochen oder Braten zerstört, sodass die Pilze nach ausreichender Zubereitung unbedenklich verzehrt werden können.
Der Austernseitling ist reich an Tricholomasäure, einem Isoxazol-Alkaloid mit strukturellen Ähnlichkeiten zur Glutaminsäure. Interessanterweise wurde Tricholomasäure in Japan als Geschmacksverstärker patentiert. Obwohl sie für Fliegen giftig ist und eine anziehende Wirkung auf sie ausübt, zeigt sie gegenüber Menschen nur geringe Toxizität. Zusätzlich hat Tricholomasäure eine lähmende Wirkung auf winzige Fadenwürmer (Nematoden). Es gibt jedoch keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass Tricholomasäure psychoaktiv wirkt. Der Austernseitling produziert auch das Enzym Alkoholdehydrogenase (ADH), das bei Stoffwechselprozessen eine wesentliche Rolle in der Ethanolbildung spielt (Ott 1996).
In seiner Funktion als Weißfäulepilz produziert der Austernpilz von Natur aus Laccasen, Enzyme, die dazu dienen, die chemischen Bindungen in Holz zu spalten. Bemerkenswerterweise haben Forschungsarbeiten von El-Fakharany et al. (2010) enthüllt, dass diese Laccasen auch in der Lage sind, das Eindringen und die Vermehrung des Hepatitis C Virus in Leberzellen zu unterdrücken.
Wissenswertes
Der besondere Wuchs der Pilze, der an Austern erinnert, verleiht dem Austernpilz (Pleurotus ostreatus) seinen Namen. Dieser Gattungsname setzt sich aus den griechischen Begriffen pleurón = Rippe, Körperseite und oús bzw. Ótós = Ohr zusammen. Er bezieht sich auf die seitlich angesetzten Stiele der ohrförmigen Fruchtkörper. Das Epitheton ostreatus stammt aus dem Lateinischen und beschreibt das Erscheinungsbild, ähnlich einer Austernschale.
Der Pilz sondert verschiedene Enzyme in seine Umgebung ab, die ihm unter natürlichen Bedingungen dabei helfen, Lignin und Cellulose, die Bestandteile von Holz, abzubauen. Einige dieser produzierten Enzyme sind auch fähig, andere organische Verbindungen und Kohlenwasserstoffe zu zersetzen (Eggen et al. 1998). Diese Eigenschaften werden in der modernen Umwelttechnik beispielsweise zur Reinigung von mit Altöl oder schädlichen Chemikalien kontaminierten Böden genutzt (Vateem et al. 1998). Zu diesem Zweck kann durchwachsenes Substrat mit Myzel direkt in den verschmutzten Boden eingebracht werden oder man setzt die in großen Reaktionsbehältern (Fermentern) hergestellten Enzyme ein. Die Erforschung dieses Bereichs (Mycoremediation) befindet sich derzeit in intensiver Arbeit, und die Anzahl der entsprechenden Veröffentlichungen steigt stetig an (Schützendübel et al. 1999).
Eine weitere interessante Eigenschaft des Pilzes liegt in seiner Fähigkeit zur Adsorption von Schwermetallen wie Cadmium und Quecksilber (Favero et al. 1991). Diese Bindung ist reversibel, wodurch entsprechende Reinigungsvorrichtungen regeneriert werden können. Diese Fähigkeit könnte sowohl zur Reinigung von belasteten Abwässern als auch zur Anreicherung von wertvollen Metallen wie Silber und Gold genutzt werden.
Der Austernpilz, als der Zuchtpilz von außerordentlicher Leichtfertigkeit in der Kultivierung, lässt sich mühelos zu Hause züchten, ohne umfangreiche Erfahrungen vorauszusetzen. Seine außerordentliche Widerstandsfähigkeit erlaubt es, ihn auf praktisch jedem landwirtschaftlichen Reststoff mit Cellulose- oder Ligninanteilen anzubauen, selbst auf Materialien wie Zeitungspapier oder übriggebliebenen Kaffeesatz. Dank eines Proteinanteils von rund 25% in der Trockenmasse der Pilze, der sie relativ reich an Eiweiß macht, entstanden und entwickelten sich Gedanken sowie laufende Initiativen zur Nutzung des Austernpilzes zur Nahrungsmittelproduktion in Regionen mit knappen Ressourcen.
Ein bemerkenswertes Beispiel ist das Engagement von David Abate an der Universität Addis Abeba in Äthiopien. Dort hat er eine äußerst unkomplizierte Zuchtmethode in Tonkrügen eingeführt. Diese Gefäße werden nach traditioneller Art hergestellt und stellen gängige, kostengünstige Haushaltsgegenstände dar. Der Hauptvorteil dieser Krüge liegt, besonders in warmen und trockenen Gebieten, darin, dass sie das notwendige feuchte Mikroklima für das Pilzwachstum leichter aufrechterhalten können.
Mithilfe von 30-l-Tonkrügen wird die Pilzzucht realisiert, wobei zusätzliche Öffnungen für Belüftung und den Pilzausgang in die Krüge gebohrt werden. Das Substrat, bestehend aus leicht erhältlichen landwirtschaftlichen Reststoffen mit einem hohen Celluloseanteil, umfasst Abfälle aus dem Baumwollanbau, Eukalyptusholzspäne, Tefstroh (Eragrostis tef) sowie Weizenkleie. Nachdem die feuchte Substratmischung in die Tonkrüge gefüllt wurde, erfolgt eine Pasteurisierung im Ofen, bei der das Substrat für etwa eine Stunde erhitzt wird. Nach dem Abkühlen wird dem Substrat 5 % Impfmaterial hinzugefügt, und die Krüge werden mit Stofffetzen verschlossen. Jeder Schritt dieses Prozesses ist so gestaltet, dass er problemlos mit einfachsten Mitteln umsetzbar ist.
Nach etwa 30 Tagen seit der Beimpfung können die ersten Pilze geerntet werden, wobei die Ausbeute gemäß den Angaben von Abate (1995) bei etwa 400 g Pilzen pro Kilogramm Substrat liegt. Zahlreiche Pilzarten und -stämme stehen für die Zucht zur Auswahl, jeweils mit unterschiedlichen Anforderungen an Temperatur und Klima. Innerhalb von wenigen Wochen können Austernpilze aus 100 g trockenem Pflanzenmaterial wie Stroh, Blättern, Borke, Holzschnitzeln und sogar Papier bis zu 70 g frischer Pilze produzieren. Nach der Ernte kann das mit Myzel durchzogene Material zerkleinert und als Futter für Vieh und Hühner genutzt werden. Es gibt auch Berichte darüber, dass auf dem abgeernteten Substrat der essbare Riesenträuschling (Stropharia rugosoannulata) angebaut werden kann.
Das Substrat zeigt eine herausragende Eignung für die Bodenverbesserung und Humusbildung. Spezialisierte Enzyme und einzigartige Myzelstrukturen verschiedener Austernpilzarten ermöglichen die Nutzung von winzigen Boden-Nematoden als Stickstoffquelle. Dieser ungewöhnliche carnivore (fleischfressende) Ansatz bereichert die Nährstoffaufnahme der Pilze. Insbesondere der Austernseitling fällt in diese Kategorie. Im Jahr 1992 entdeckten Forscher (Kwok et al.) eine spezielle Fettsäure (trans-2-Decendisäure) im Austernpilz, die Nematoden irreversibel lähmt. Eine weitere entdeckte Substanz ist die Tricholomasäure, die ebenfalls toxisch auf Nematoden wirkt (Ott 1996, Al-Deen et al. 1987).
Besteht die Möglichkeit, Pilze in den eigenen vier Wänden anzubauen, ist es ratsam, für ausreichende Belüftung zu sorgen oder geeignete Schutzvorkehrungen zu treffen, um das Eindringen von Pilzsporen in die Augen oder Atemwege zu verhindern. Bei empfindlichen Personen können diese Sporen allergische Reaktionen auslösen, was zu Niesen, geröteten Augen und Husten führen kann. Früher war dieses Problem hauptsächlich bei Arbeitnehmern in kommerziellen Pilzzuchtbetrieben zu beobachten und konnte zu einer Art von Lungenerkrankung führen, die als Pilzzüchterlunge bekannt ist. Diese äußert sich in Symptomen ähnlich wie bei Asthma oder Grippe. Um diesem Problem vorzubeugen, wurden mittlerweile Pilzsorten gezüchtet, die keine Sporen abgeben. Austernpilze zeichnen sich durch ihren zarten, fleischähnlichen Geschmack aus, da sie ähnlich wie Fleisch Proteine enthalten, die reich an Glutaminsäure sind. In der Lebensmittelindustrie wird Mononatriumglutamat, das Salz der natürlichen Glutaminsäure, als Geschmacksverstärker eingesetzt. Dadurch entsteht der besondere umami-Geschmack, der als fünfter Geschmackssinn bekannt ist. Dies ermöglicht es, teure Zutaten wie Fleisch in Fertigprodukten zu reduzieren, ohne den Geschmack negativ zu beeinflussen. Glutamat verstärkt die Empfindlichkeit der Geschmacksrezeptoren auf der Zunge für salzige und bittere Aromen, was zu einer intensiveren Geschmackswahrnehmung führt. Weitere Informationen zur Pilzzucht finden sich in den Werken von Englbrecht (1990) und Stamets (1993).
Die Pilzzucht steht vor der Herausforderung, dass Austernpilze stark von Pilzmücken besiedelt werden, was die Zucht erschwert. Du Plooy (2000) hat in ihrer Masterarbeit Probleme bei der Pilzzucht untersucht, insbesondere Insektenbefall und Schimmelprobleme.
Die antibiotisch (weniger effektive) wirkende Substanz Pleuromulin oder Pleuromutilin stammt nicht von Austernpilzen, obwohl sie in Pleurotus mutilis und Pleurotus passeckerianus gefunden wurde. Diese Pilze werden heute zur Gattung der Räslinge (Clitopilus) gezählt. Daraus ergab sich die Umbenennung in Clitopilus scyphoides bzw. Clitopilus passeckerianus. Chemische Veränderungen an Pleuromutilin führten zur Entwicklung wirksamer Antibiotika wie Retapamulin, Tiamulin usw., die jedoch nur in der Tierzucht gegen grampositive Bakterien wie Streptokokken, Staphylokokken und Mykoplasmen verwendet werden. Bisher wurden sie nicht für den Menschen zugelassen. Durch ihren einzigartigen Wirkungsmechanismus, der die Bakterieneiweißsynthese hemmt, entsteht keine Kreuzresistenz mit anderen Antibiotika. Daher zeigen sie Wirksamkeit gegen den gefürchteten Krankenhauskeim Staphylococcus aureus (MRSA), was das erneute Interesse an dieser Antibiotikaklasse erklärt.
Die Schaffung von biologisch abbaubarem Verpackungs- und Dämmmaterial namens Greensulate® ist das Ziel einer äußerst faszinierenden Anwendung des Pilzmyzels, die von der Firma Ecovative entwickelt wurde. Dieses innovative Material, das bereits mehrfach ausgezeichnet wurde, präsentiert sich als umweltfreundliche Alternative zu Styropor. Das Hauptaugenmerk des Unternehmens liegt heute auf der Entwicklung von Verpackungslösungen. Durch die Inokulation landwirtschaftlicher Reststoffe wie Hülsen und Spelzen von Reis, Weizen oder Buchweizen mit Austernpilzmyzel erfolgt ein entscheidender Schritt im Herstellungsprozess. Das Substrat wird von dem durchwachsenden Myzel durchzogen, wodurch die Bestandteile effektiv miteinander verbunden werden. Nach der abschließenden Trocknung erlangt das Material seine vielseitige Einsatzbereitschaft. Innerhalb bestimmter Grenzen können die Materialeigenschaften durch die Variation der Wachstumsbedingungen angepasst werden.
Unter Zuhilfenahme des Myzels verschiedener Pilze besteht laut Ivanov (2007) die Möglichkeit, Braunkohle (Lignite) in flüssige Energiestoffe (Bioliquefaction) umzuwandeln. Bei den entsprechenden Versuchen wurden mit dem Austernpilz die höchsten Ausbeuten erzielt.
Geschichte
Die Idee, Holzschnitzel, Sägemehl und Strohreste als Substrat zu verwenden, etablierte sich jedoch erst einige Jahrzehnte später. Die ersten Kultivierungsversuche wurden 1897 von den Franzosen unternommen, während Deutschland seine ersten Versuche während des Ersten Weltkriegs startete. Seit dem 16. Jahrhundert galt der Austernpilz bereits als schmackhafter Speisepilz und wurde in Kräuterbüchern erwähnt. Die Züchtung dieses Pilzes weist eine Geschichte von etwa 100 Jahren auf. In den 1960er-Jahren widmeten sich ungarische Forscher, Toth und Heltay, der Kultivierung des Austernpilzes auf Stroh. Im ehemaligen DDR-Gebiet, genauer in Thüringen, wurde nach den Kriegsjahren der erste ökonomische Anbau etabliert. Heute gehören Austernpilze zu den meistangebauten Pilzsorten weltweit. Dank der Vielfalt an Pilzarten können Austernpilze nahezu überall und das ganze Jahr über unter verschiedensten klimatischen Bedingungen gedeihen. Besonders anpassungsfähig erweist sich der Lungenseitling (Pleurotus pulmonarius), die minimalen Anforderungen an die Anbaubedingungen stellt und auch hohe Temperaturen problemlos verkraftet. Der Anbau hat sich mittlerweile auf Stroh als bevorzugtes Substrat fokussiert, während Holzstämme eher im Hobbybereich Verwendung finden. In Deutschland ist der Austernpilz nach dem Champignon der zweitwichtigste kultivierte Pilz. Weltweit werden jährlich etwa vier Millionen Tonnen Austernpilze produziert, wobei der Großteil in der Volksrepublik China angebaut wird.